(IP) Hinsichtlich Sachverständigenhaftung für unrichtige Verkehrswertgutachten bei Zwangsversteigerung hat der Bundesgerichtshof mit Leitsatz entschieden:

„a) Bei der Haftung des Sachverständigen für ein unrichtiges Verkehrswertgutachten im Zwangsversteigerungsverfahren ist zu berücksichtigen, dass dieses der Feststellung des Verkehrswerts des Versteigerungsobjekts dient und gerade auch in dieser Hinsicht, also bezüglich des festgestellten Verkehrswerts, "unrichtig" sein muss.

b) Baumängel und Bauschäden haben in diesem Zusammenhang insoweit Bedeutung, als sie sich auf den Verkehrswert auswirken. Anders als der speziell mit der Feststellung von Baumängeln beauftragte - und diesbezüglich besonders sachkundige - Gutachter darf sich der Verkehrswertgutachter im Allgemeinen mit der Inaugenscheinnahme des Versteigerungsobjekts begnügen und muss erst dann weitere Ermittlungen zu etwaigen Mängeln anstellen oder entsprechende Hinweise geben, wenn hierzu nach den Umständen des konkreten Falls Anlass besteht.

c) Bei der Ermittlung des Verkehrswerts eines (bebauten) Grundstücks sind kleinere Diskrepanzen zwischen dem vom Regressgericht festgestellten und dem vom Sachverständigen ermittelten Verkehrswert unvermeidbar; sie dürfen nicht ohne weiteres zu Lasten des Sachverständigen gehen.“

Der Kläger hatte den Beklagten, einen Sachverständigen für Grundstücksbewertung, auf Schadensersatz in Anspruch genommen. In einem Zwangsversteigerungsverfahren hatte der ein Gutachten über den Verkehrswert zu erstellen, das mit einem über 100 Jahre alten Einfamilienhaus und einer Garage bebaut war. Er ermittelte in seinem Gutachten einen Grundstücksverkehrswert von knapp 110.000,- €. Er gab an, dass Baumängel und Bauschäden insoweit aufgenommen worden seien, "wie sie zerstörungsfrei, das heißt offensichtlich erkennbar waren". Für das Einfamilienhaus vermerkte der Beklagte unter der Rubrik "Baumängel/Bauschäden": "Feuchtigkeitsschäden, Putzschäden", sowie unter der Rubrik "sonstige Besonderheiten": "Unterhaltungsstau". Er gelangte zu der Allgemeinbeurteilung: "Der bauliche Zustand sei befriedigend. Es besteht ein erheblicher Unterhaltungsstau und allgemeiner Renovierungsbedarf."

Der Kläger erhielt im Termin für Gebot von 69.900,- € den Zuschlag. Er beabsichtigte, das Haus zu renovieren und dann zu vermieten. Nach vollständiger Entkernung war er jedoch der Meinung, dass eine Sanierung wirtschaftlich nicht sinnvoll sei und das Gebäude abgerissen werden müsse. So machte er geltend, der Beklagte habe grob fahrlässig ein in mehrfacher Hinsicht unrichtiges Verkehrswertgutachten erstellt.

Das Originalurteil kann hier abgerufen werden:

BGH, Az.: III ZR 345/12

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