(ip/RVR) Der VII. Zivilsenat des BGH weicht in seiner Entscheidung vom 29.06.2011 von den Grundsätzen ab, die der XII. Zivilsenat zur Auslegung einer notariellen Urkunde und der Klauselerteilung zur selbigen in seinem Urteil vom 30.03.2010 (BGHZ 185, 133) aufgestellt hat. Der Notar habe nicht von einer Vollstreckungsbedingung i. S. v. § 726 Abs. 1 ZPO auszugehen, auch nicht durch eine Interessenabwägung, wenn eine solche im Wortlaut der notariellen Urkunde nicht angelegt ist und müsse dem Zessionar einer Sicherungsgrundschuld eine Klausel als Rechtsnachfolger erteilen, wenn der Anspruch durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen ist.

Eine Bank ließ sich eine Briefgrundschuld bestellen. Die ehemaligen Grundstückseigentümer und die jetzigen Schuldner unterwarfen sich gesamtschuldnerisch der notariellen Urkunde wegen aller aus der Grundschuld herrührenden Ansprüche der sofortigen Zwangsvollstreckung. Weiter unterwarfen sie sich wegen persönlicher Haftung der sofortigen Vollstreckung. Schließlich enthielt die Urkunde eine Sicherungsabrede.

Die Bank trat die Ansprüche aus der notariellen Urkunde an die jetzige Antragstellerin ab. Diese hatte mit den Schuldnern einen Kreditvertrag geschlossen. Nun beantragte sie die Umschreibung der Vollstreckungsklausel auf sie als Rechtsnachfolgerin der Zedentin. Der Notar lehnte den Antrag ab und half auch der Beschwerde nicht ab. Das Landgericht wies die Beschwerde zurück. In der zugelassenen Rechtsbeschwerdeinstanz wies der VII. BGH-Senat den Notar an, der Antragstellerin die Klausel zu erteilen.

Notar und Beschwerdegericht beriefen sich auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 30.03.2010 (XI ZR 200/09, BGHZ 185, 133), wonach eine formularmäßige Unterwerfungserklärung dahin auszulegen sei, dass sie sich nur auf Ansprüche aus einer treuhänderisch gebundenen Sicherungsgrundschuld erstrecke. Auch das Fortbestehen der treuhänderischen Bindung der Grundschuld sei bei der Rechtsnachfolge zu prüfen und durch Urkunden i. S. v. § 727 ZPO nachzuweisen. Diese gelte auch bei einer neuen Sicherungsabrede zwischen Zessionar und Schuldner. Der Zessionar könne nur vollstrecken, wenn er in den Sicherungsvertrag zwischen Zedent und Schuldner eintrete. Da diese Urkunden nicht vorgelegt worden seien, sei zumindest die vereinfachte Klauselumschreibung nach § 727 ZPO verwehrt.

Der erkennende Senat schloss sich der Meinung des Bankrechtssenat ausdrücklich nicht an. Die Rechtsnachfolge i. S. d. § 727 ZPO folge dem materiell-rechtlichen Übertragungstatbestand. Solange Grundschuld und Anspruch aus persönlicher Haftungserklärung durch Abtretung erworben sei, stehe einer Rechtsnachfolge und damit der Klauselerteilung nicht im Wege. Nur dieser Erwerbstatbestand müsse durch Urkunden nachgewiesen werden.

Das vom XI. Senat angenommene Erfordernis stelle eine Vollstreckungsbedingung dar, die als solche im Klauselerteilungsverfahren nach § 726 Abs. 1 ZPO nicht zu beachten sei. Wegen der Formalisierung des Verfahrens sei der Prüfungsumfang eingeschränkt und der Notar müsse deshalb vom Wortlaut der Urkunde ausgehen. Sei eine solche Vollstreckungsbedingung vom Wortlaut nicht erfasst, verbiete sich die Annahme einer solchen Bedingung – auch durch eine Interessenabwägung. Der Notar habe den Titel grundsätzlich nur auf seine formelle Vollstreckbarkeit hin zu überprüfen. Einer materiellrechtlichen Überprüfung nach § 726 Abs. 1 ZPO seien Grenzen gesetzt. Die Auslegungsgrundsätze nach §§ 133, 157 BGB könnten nicht ohne weiteres angewandt werden. Die Vollstreckbarkeit nach § 726 Abs. 1 ZPO müsse aus dem Wortlaut des Titels selbst feststellbar sein oder sich aus Interessen der Parteien ergeben, die sich klar aus dem Titel ergeben.

Als Ausgleich für das formalisierte Erteilungsverfahren stünden den Beteiligten Rechtsbehelfe zur Verfügung, die kontradiktorische Verfahren ohne Beweismittelbeschränkung eröffnen, etwa die Klage nach § 731 ZPO. Hier bliebe dem Schuldner jedenfalls der Einwand, die Unterwerfungserklärung erstrecke sich nur auf Ansprüche aus einer treuhänderisch gebundenen Sicherungsgrundschuld und der Zessionar sei nicht in diese Bindung eingetreten, welcher im Wege der Klage nach § 768 ZPO geltend zu machen sei.

Der VII. Senat sah sich durch die Entscheidung des XI. Senats nicht gebunden, da diese nur obiter dictum erfolgt sei. Es sei auch keine Veranlassung gegeben, den großen Senat des BGH nach § 132 Abs. 4 GVG anzurufen.

Das Original-Urteil kann hier abgerufen werden:

BGH vom 29.06.2001, Az. VII ZB 89/10


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