(ip/RVR) Die Zulässigkeit der Neuheftung einer Urkunde mangels Kopierfähigkeit war Gegenstand eines aktuellen Beschlusses des Bundesgerichtshofes (BGH).

Die Rechtsbeschwerdeführerin will Zwangsvollstreckung betreiben. Für diesen Zweck begehrt sie die Entsiegelung und Neuheftung einer notariellen Urkunde.

Am 26. Oktober 2009 versah der verwahrende Notar die erwähnte Urkunde mit einer Rechtsnachfolgeklausel. Hierfür öste und siegelte er die Gesamturkunde.

Die Beteiligte beantragte bei dem Notar, die vollstreckbare Ausfertigung der Urkunde wieder zu öffnen und eine kopierfähige Urkunde herzustellen, da durch die vorgenommene neue Ösung einzelne Blätter nicht mehr vollständig kopiert werden konnten. Diesen Antrag wies der Notar zurück.

Mit der Beschwerde verlangte die Beteiligte, den Notar anzuweisen, die versiegelte Grundschuldbestellungsurkunde zu öffnen und eine kopierfähige Urkunde aus den verschiedenen Urkunden herzustellen. Auf deren Antrag erteilte der Notar der Beteiligten eine beglaubigte Abschrift der Urkunde, wobei es sich um eine Fotokopie der Urkunde handelte, bei der einzelne nicht lesbare Teile handschriftlich ergänzt wurden.

Das Landgericht wies die Beschwerde mit dem angefochtenen Beschluss zurück.

Hiergegen wendet sich die Beteiligte mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde. Sie begehrt hilfsweise festzustellen, dass der Notar die Rechtsbeschwerdeführerin in ihren Rechten verletzte, indem er ihrem Antrag nicht entsprach.

Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 15 Abs. 2 BNotO, § 70 Abs. 1 FamFG statthaft und im Übrigen auch zulässig. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg, da die angefochtene Entscheidung keine Rechtsfehler aufweist. Der Notar verweigerte die Urkundstätigkeit, zu der auch eine mögliche Entheftung der Urkunde zählt, nicht ohne ausreichenden Grund im Sinne von § 15 Abs. 1 Satz 1 BNotO. „Ein ausreichender Grund für die Verweigerung im Sinne von § 15 Abs. 1 Satz 1 BNotO besteht sowohl, wenn das Beurkundungsgesetz die Amtsausübung untersagt, als auch dann, wenn der Beurkundung Soll-Vorschriften entgegenstehen, die der Notar bei seiner Amtsführung zu beachten hat (Sandkühler in Arndt/Lerch/ Sandkühler, BNotO, 6. Aufl., § 15 Rn. 63 ff.; Eylmann/Vaasen/Frenz, BNotO - BeurkG, 2. Aufl., § 15 BNotO Rn. 24).“

Solch eine Sollvorschrift stellt § 44 BeurkG dar, der besagt, dass Urkunden, die aus mehreren Blättern bestehen, ebenso wie der Niederschrift beigefügte Schriftstücke, Karten, Zeichnungen und Abbildungen mit Schnur und Prägesiegel verbunden werden sollen; unter Verweis hierauf sieht § 30 DONot vor, dass jede Urschrift, Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift, die mehr als einen Bogen oder ein Blatt umfasst, zu heften und der Heftfaden anzusiegeln ist. Darüber hinaus sind gemäß § 29 Abs. 1 DONot Urschriften, Ausfertigungen und beglaubigte Abschriften notarieller Urkunden so herzustellen, dass sie gut lesbar, dauerhaft und fälschungssicher sind. „Wird die Sollvorschrift des § 44 BeurkG nicht eingehalten, kann dies unter Umständen den Beweiswert der Urkunde mindern (Preuß in Armbrüster/Preuß/Renner, BeurkG - DONot, 5. Aufl., § 44 BeurkG Rn. 6; Winkler, BeurkG, 16. Aufl., § 44 Rn. 11).“

Die Heftung einer Gesamturkunde soll eine dauerhafte Verbindung der Urkunden schaffen, so dass eine Entheftung nur in engen Ausnahmefällen in Betracht kommen kann. Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor. „Auch wenn unterstellt wird, dass die Kopierfähigkeit einzelner Urkundsteile aufgrund der Heftung nicht mehr besteht, ist die Heftung deshalb nicht fehlerhaft.“

Der Erhalt der Fotokopierfähigkeit einzelner Schriftstücke bei der festen Verbindung ergibt sich aus keiner der genannten Vorschriften.

Schließlich ist auch kein Bedürfnis für eine Entheftung der Urkunde ersichtlich.

Somit wird die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Frankfurt (Oder) auf Kosten der Beteiligten zurückgewiesen.

Der Leitsatz fasst zusammen:
„Der Notar ist nicht verpflichtet, eine aus mehreren Teilen bestehende Urkunde so zu heften, dass die Fotokopierfähigkeit der verbundenen Schriftstücke erhalten bleibt. Sind Teile der Urkunde lesbar, aber auf Grund der Heftung nicht kopierfähig, muss er die Urkunde nicht neu heften.“

BGH vom 11.11.2010, Az. V ZB 143/10


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