(ip/pp) Inwieweit ein genehmigungsfrei verwirklichtes Vorhaben hinsichtlich Nachbarschutzes relevant ist, hatte das Oberverwaltungsgericht (OVG) Niedersachsen jetzt zu entscheiden. Die Antragsteller erstreben, den Weiterbau eines Wohnbauvorhabens bauaufsichtsbehördlich zu unterbinden, das auf der nördlichen Hälfte ihres Nachbargrundstücks derzeit verwirklicht wurde. Ihr eigenes Grundstück war in der Südwestecke mit einem Einfamilienhaus bebaut. Sie reklamierten, das Vorhaben weiche zu ihrem Nachteil vom zulässigen Grenzabstand sowie den Festsetzungen des Bebauungsplanes ab, der für beide Grundstücke nur ein Vollgeschoss gestatte. Selbst wenn man berücksichtige, dass das Gelände auf dem Grundstück des Beigeladenen abfalle, sei das Keller- als Vollgeschoss anzusehen und rücke die rund 4,20 m lange Ostseite des Vorhabens zu nah an ihr mit Wald bestandenes und nach Plan nicht bebaubares Grundstück heran. Angesichts seiner Masse habe das Vorhaben erdrückende Wirkung und einen unzulässig großen Schattenwurf zu ihren Lasten zur Folge. Wegen dieser Verstöße dürfe das Vorhaben erst nach Durchführung eines Baugenehmigungsverfahrens verwirklicht werden.

In seinem Entscheid zielte das OVG besonders auf die betreffende Bauphase des beklagten Objekts – entgegen dem vorinstanzlichen Urteil:

“1. Wendet sich der Nachbar gegen ein Bauvorhaben ausschließlich wegen der Wirkungen, welche von seiner Masse ausgehen, nicht also (auch) gegen seine Nutzung, dann entfällt das Rechtsschutzbedürfnis für einen Nachbarantrag grundsätzlich schon mit der Fertigstellung des Rohbaus (einschließlich Bedachung). Das gilt auch dann, wenn der Nachbar ein Einschreiten gegen ein Vorhaben wünscht, das der Nachbar mit der Behauptung zu errichten unternimmt, es bedürfe wegen § 69a NBauO keiner Baugenehmigung.
2. Baut der Bauherr auf der Grundlage von § 69a NBauO, ist die Bauaufsichtsbehörde nicht in jedem Fall verpflichtet, als Ausgleich für den Verzicht auf ihre präventive Tätigkeit nunmehr verstärkt repressiv tätig zu werden. Das gilt jedenfalls dann, wenn das Vorhaben nach dem eingereichten Entwurf keinen Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften erkennen lässt und die Auswirkungen auf das Nachbargrundstück als nicht gravierend anzusehen sind. In solchen Fällen darf der Nachbar darauf verwiesen werden, seine behaupteten Rechte vor den Zivilgerichten geltend zu machen.”

OVG Niedersachsen, Az.: 1 ME 134/08