(ip/RVR) Gibt der Insolvenzverwalter im Verfahren Wohnungseigentum frei sind die danach fällig werdenden Hausgelder Masseschulden. So entschied das Amtsgericht Mannheim in einem Urteil unter dem 04.06.2010.

Die Beklagte ist Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Im Mai letzten Jahres wurde über ihr Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet. Im Juli gab der Insolvenzverwalter das an einen Dritten vermietete Teilwohnungseigentum der Beklagten frei. Danach beschloss die Versammlung der Wohnungseigentümer eine Jahresabrechnung, einen Wirtschaftsplan und eine Sonderumlage zur Beseitigung von Schäden in der Tiefgarage. Die daraus entstandenen und auf die Beklagte entfallenden Hausgelder macht die Eigentümergemeinschaft als Klägerin gerichtlich geltend.

Das AG hat die Klage deswegen als unbegründet abgewiesen, weil die Beklagte nicht passiv legitimiert sei.

In der Begründung verweist das Gericht auf die eigene Rechtsprechung, wonach die Freigabe von Wohnungseigentum nicht dazu führt, dass die Masse von Hausgeldverpflichtungen frei wird, welche nach der Freigabeerklärung fällig werden. Sodann setzt sich das Gericht intensiv mit einer in der Literatur vorgebrachten gegenteiligen Meinung auseinander.

Diese Meinung geht zum einen davon aus, Grundlage des Hausgeldanspruchs sei nicht die Eigentümerstellung, sondern die Mitgliedschaft in der Wohnungseigentümergemeinschaft. Dazu wird ausgeführt: „Nicht mehr der Schuldner mit seinem insolvenzbefangenen Vermögen, sondern der Schuldner mit seinem insolvenzfreien Vermögen ist nach Freigabe an der Wohnungseigentümergemeinschaft beteiligt. Ihn treffen daher auch die sich aus der Bruchteilsgemeinschaft ergebenden Pflichten“ (Lüke, Festschrift für Wenzel, 2005, S. 235 ff., 243).
Das AG Mannheim führt hierzu in Rz. 17 der Entscheidung aus, es mache keinen Unterschied, ob der Eigentümer aus der von der Bruchteilsgemeinschaft abgeleiteten Mitgliedschaft oder direkt aus dem Miteigentum verpflichtet sei, weil die Mitgliedschaft in jedem Fall mit der Zugehörigkeit zur Bruchteilsgemeinschaft ende.

Auch gelte bei vermietetem Eigentum nichts anderes. Lüke will hier § 566 BGB analog anwenden, mit der Folge, dass das Mietverhältnis nach der Freigabe auf den Schuldner übergehe. Das Mannheimer Gericht erteilte auch dem eine Absage, denn es fehle bereits an einer für eine Analogie notwendigen Regelungslücke. Zweitens sei § 566 BGB eine Durchbrechung eines allgemeinen schuldrechtlichen Prinzips und daher nicht analogiefähig. Drittens würde eine Analogie die Freigabe einer Rechtsnachfolge gleichstellen, obwohl mit ihr eine Änderung der Rechtsinhaberschaft nicht einhergehe.

Das Gericht anerkennt zwar das grundsätzliche Bedürfnis nach einer Freigabe, damit die Masse von unvorteilhaften Belastungen befreit werden kann. Aber auch diese Billigkeitsgründe vermögen eine Entlastung der Masse von den Hausgeldverpflichtungen nicht zu rechtfertigen, auch nicht, wenn das Eigentum an einen Dritten vermietet ist. Die Masse ziehe weiterhin genügend Vorteile aus dem Mietverhältnis, um die fällig werdenden Hausgeldansprüche auszugleichen. Das Mietverhältnis bestehe gemäß § 108 Abs. 1 InsO gegenüber der Masse fort, die Mieteinnahmen fielen als Neuerwerb in die Masse, ebenso das Gebrauchsrecht und damit die Möglichkeit für den Insolvenzverwalter, das Wohnungseigentum nach § 13 Abs. 1 WEG zu nutzen.

Auch die Gefahr, der Schuldner könne nach Freigabe in der Eigentümerversammlung an der Erhöhung von Masseverbindlichkeiten mitwirken, entkräftigt das Gericht mit der Erwägung, der Insolvenzverwalter könne selbst an den Versammlungen teilnehmen. Zum anderen sei diese Gefahr durch das Gebot der zur ordnungsgemäßen Verwaltung ohnehin gering.

AG Mannheim vom 04.06.2010, Az. 4 C 25/10


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