(IP) Hinsichtlich der Bedeutung eines Werkvertrages und dessen anderslautender Bezeichnung als "Kaufvertrag" hat das Oberlandesgericht (OLG) München mit Leitsatz entschieden.

„1. Ein Vertrag über die Lieferung und die Montage einer Photovoltaikanlage stellt einen Werkvertrag dar, wenn Planung und Lieferung aufwendig sind und auch nach Abschluss der Arbeiten der Erfolg erst nach einer gewissen Zeitdauer und eines "Probelaufs" überprüfbar ist.
2. Die Bezeichnung eines Vertrags als "Kaufvertrag" ist für dessen rechtliche Qualifikation unerheblich, weil die Zuordnung eines Rechtsgeschäfts zu den gesetzlichen Vertragstypen nicht wirksam vereinbart werden kann.
3. Bietet der Unternehmer eine "schlüsselfertige" Photovoltaikanlage an, hat er eine vollständige und funktionstaugliche Anlage zu errichten. Denn der Begriff "schlüsselfertig" suggeriert, dass der Besteller nur noch den Schlüssel "umdrehen" muss, um die Sache in Gebrauch zu nehmen und zu nutzen.
4. Wird die Fertigstellung einer Photovoltaikanlage zu einem bestimmten Zeitpunkt "garantiert", ist das für den Ersatz von Verzögerungsschäden grundsätzlich erforderliche Verschulden keine Voraussetzung für die Geltendmachung eines Verzögerungsschadens.“

Die Kläger forderten Schadensersatz infolge der nicht rechtzeitigen Fertigstellung von Photovoltaikanlagen. Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen, da die Ansprüche verjährt seien. Die Lieferung einer Photovoltaikanlage sei als Kaufvertrag zu beurteilen, die Zusicherung einer Lieferzeit sei eine Beschaffenheitsvereinbarung und es sei die zweijährige Verjährungsfrist einschlägig, die bereits abgelaufen sei.

Gegen diesen Beschluss wandte sich das OLG: „Entgegen der Ansicht des Erstgerichts greift das allgemeine Leistungsstörungsrecht, so dass die o.g. Anspruchsgrundlage anwendbar ist; die Beurteilung von Störungen richtet sich nicht nach den werkvertraglichen Sekundärrechten (§§ 634 ff. BGB), da eine Abnahme (oder ein abnahmeersetzendes Rechtsinstitut) nicht erfolgt ist.
(1) Die Errichtung der Photovoltaikanlagen richtet sich im konkreten Fall nach Werkvertragsrecht.“

Das Original-Urteil kann hier abgerufen werden:

OLG München, Az.: 28 U 452/19

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